Die Unantastbarkeit von Privateigentum war in der Bundesrepublik jahrzehntelang politischer Konsens. Doch Wohnungsnot, wachsende Ungleichheit und Klimakrise lassen Rufe nach Vergesellschaftung von Betrieben lauter werden. Wie könnte und sollte das aussehen?
Dass in Deutschland über die Vergesellschaftung von Konzernen debattiert und Rechtsstreite geführt werden, ist durchaus bemerkenswert. Denn die Unantastbarkeit von Privateigentum war in der Bundesrepublik über Jahrzehnte hinweg politischer Konsens. Instrumente wie Enteignungen oder Vergesellschaftung schienen nur etwas für Utopisten und Ideologen. Die soziale Marktwirtschaft: eine Erfolgserzählung.
Zwar waren Genossenschaften, vor allem im Wohnungsbereich, nie ganz aus der Tektonik der sozialen Marktwirtschaft verschwunden. Doch Gemein- und Staatseigentum hatten einen schlechten Ruf. Nicht nur die Mangelwirtschaft im DDR-Staatssozialismus taugte als Negativfolie. Auch öffentliche Betriebe in der Bundesrepublik – Bahn, Post, Telekom – hatten den Ruf, träge, ineffiziente und vor allem kostspielige Bürokratiemonster zu sein.
Doch in den letzten Jahren hat sich der Blick gewandelt: Finanzkrise, wachsende soziale Ungleichheit, Wohnungsnot, der immer stärker spürbare Klimawandel – die Gegenwart wird von Krisenerfahrungen bestimmt. Gleichzeitig haben viele Menschen das Gefühl, es bewege sich zu wenig, es werde nicht angemessen auf die Krisen reagiert, die Politik schaue einfach nur zu.
Rufe nach neuen Lösungen werden lauter.
Dabei werden auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten hinterfragt. Zum Beispiel die Unantastbarkeit des Privateigentums.